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Entwertung des Ersparten – Chancen und Risiken der EZB-Strategie

Zu diesem Thema referierte Viadrina-Dozent Prof. Dr. Georg Stadtmann vor ca. 50 Vereinsmitgliedern des Vereins „Brandenburger Ingenieure und Wissenschaftler e.V.“, Ortsverein Eisenhüttenstadt am 27.11.2014.

Eingangs ging Stadtmann auf den Zusammenhang zwischen Nominalverzinsung, Inflationsrate und Realzins ein. Während der Wirtschaftskrise ist die Nominalverzinsung stark gesunken und hat sich der Null-Linie angenähert. Falls nun die Inflationsrate zukünftig ansteigen würde, wäre die Realverzinsung negativ. Ein Sparer könnte sich daher – gemessen in realen Gütereinheiten wie z. B. Schokolade – am Ende der Sparperiode weniger leisten als er zu Beginn eingezahlt hat.

Eine geringe Nominalverzinsung und eine hohe Inflationsrate wirken sich somit negativ auf den realen Anlagenerfolg aus. Das schlechteste Szenario besteht jedoch darin, wenn die Geschäftsbank oder ein Staat pleitegehen würde und der Sparer seine eingezahlten Beträge überhaupt nicht zurückbekommen würde.

Deshalb hat die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihren geldpolitischen Maßnahmen sehr stark daran gearbeitet, den Bankensektor und die unter Druck geratenen Staaten zu retten. Zahlreiche (neue) geldpolitischen Instrumente wurden eingesetzt, Liquidität in den Markt gegeben und viele Maßnahmen für eine lockere Geldpolitik implementiert.

Über die Risiken, Neben- und Wechselwirkung ist zum Teil noch nichts bekannt. Da die Instrumente neu sind, existieren keine Erfahrungen aus der Vergangenheit. Einige Ökonomen sind der Ansicht, dass die hohe Liquidität in der Zukunft zu einer hohen Inflationsrate führen kann. Da die Zielmarke für das Geldmengenwachstum jedoch gegenwärtig nicht erreicht wird und die Inflationsrate gegenwärtig deutlich unter dem Zielwert liegt, besteht in der kurzen Frist jedoch gerade keine Gefahr einer zu hohen Inflation. Ganz im Gegenteil es besteht in der kurzen Frist eher die Gefahr einer Deflation.

Je nachdem, ob ein Ökonom die kurze Frist stärker gewichtet als die lange Frist, kommt man zu einer unterschiedlichen Beurteilung der gegenwärtigen Situation. „Die EZB hat somit einiges getan, um einen Zusammenbruch des Bankensystem und der Staatsfinanzen zu verhindern. Welche Nebenwirken tatsächlich auftreten werden, werden wir erst zukünftig vollständig erfassen können,“ erläutert Viadrina-Dozent Stadtmann zum Schluss seines Vortrages.

In einer anschließenden lebhaft geführten Diskussion kamen viele verschiedene Aspekt auf den Tisch: Da wurde die optimale Höhe des Inflationsziels angesprochen, die Geldschöpfungsmöglichkeiten des Geschäftsbankensektors kritisiert und auf die aktuellen Entwicklungen in der Schweiz in Bezug auf höhere Goldreserven im Keller der Schweizerischen Zentralbanken aufmerksam gemacht. Diesbezüglich sind wir bereits heute schlauer: Die schweizerische Bevölkerung hat sich mit einem klaren „Nein“ gegen einen höheren Goldaufkauf durch die Notenbank ausgesprochen. Alle anderen Themen werden jedoch auch zukünftig kontrovers diskutiert!

Bilder: © B. Geller, Fotodesign und Bildarchiv, Eisenhüttenstadt